Dr. Strangelove
Anmeldungsdatum: 02.08.2005 Beiträge: 1806
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Verfasst am: 16 Jan 2013 08:24 Titel: Ulrich Seidls PARADIES: LIEBE |
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Ich habe den neuesten Seidl letztens im restlos überfüllten Schauburg-Kino in Dresden gesehen. Es geht darin ja wie in anderen Werken des Regisseurs auch um die Sehnsucht nach Liebe, die nicht immer erfüllt wird. Bei TIERISCHE LIEBE aus den Neunzigern war es in einer haltlosen Welt noch die Beziehung zum Tier, auf die man zählen konnte, und auch bei IMPORT/EXPORT sagte ein Protagonist zur Freundin: "Der Hund wird mir ewig treu sein, bei dir weiß ich das nicht." Seidl hat im ersten Teil seiner Paradis-Trilogie gezeigt, dass man Liebe nicht kaufen kann, und auch wenn die Aussicht zeitweise besteht sie doch immer nur eine trügerische bleiben kann. Selbst der Bananenaffe am Balkon widersetzt sich der fotografischen Abbildung. Er zeigt dies mit Frauen, die so gar nicht in unsere Werbewirklichkeit passen, jenseits der 50 und oft übergewichtig und in einem Teil der Welt, wo bittere Armut herrscht, die in schönen, harten statischen Bildern zentralperspektivisch und kontrastreich eingefangen wird (Kamera: Ed Lachman!). Manchmal hatte ich das ungute Gefühl, dass all das Arthouse-Cognacschwenkerpublikum im Kinosaal, das beständig bei den Behinderten und dann den dicken Frauen grölte sich lustig machen könnte. Aber Seidl brachte mit den letzten völlig desillusionierenden Eistellungen auch den Letzten zum Verstummen, und vielleicht zum Umdenken der eigenen Haltung wie in einem Douglas-Sirk-Film. Ganz großartig in jeder Hinsicht. _________________ "Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub |
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