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Ashes of Time – Redux / FD 19/09

 
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helmi



Anmeldungsdatum: 10.03.2005
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BeitragVerfasst am: 08 Sep 2009 12:04    Titel: Ashes of Time – Redux / FD 19/09 Antworten mit Zitat

Ashes of Time – Redux kritiken / kino

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Hätte das zuständige Filmlager in Hongkong seine Bestände nicht drastisch reduziert, wäre Wong Kar-wai vielleicht nie auf den Gedanken verfallen, sich noch einmal mit seinem Frühwerk „Ashes of Time“ zu beschäftigen. So aber bemerkte der chinesische Regisseur, dass kaum mehr spielbare Kopien von „Ashes of Time“ existierten und selbst die Master-Bänder in einem erbärmlichen Zustand waren. Sein eigenwilliger Martial-Arts-Film floppte seinerzeit in China und kam im Westen lediglich in Japan, New York (Chinatown) und Frankreich adäquat ins Kino. Inzwischen verfügt Wong Kar-wai über das Budget, die Technik und den Kultstatus, um das 15 Jahre alte Werk zu restaurieren und bei Filmfestspielen wie in Cannes 2009 in würdigem Rahmen zu präsentieren. Auch jetzt ist der Film seiner Zeit voraus, beziehungsweise noch immer mit keinem Trend kompatibel. Angesiedelt im historischen Nirwana des „jianghu“, erfüllt „Ashes of Time“ dennoch alle Ansprüche eines herkömmlichen Martial-Arts-Epos. In der fiktionalen Meta-Welt des Films mischen sich geschichtlich verbürgte Fakten mit der spielerischen Fantasie der Geschichtenerzähler. Hier fliegen die Helden noch durch die Lüfte und nehmen es mit ganzen Armeen auf. Doch Wong schwebte kein klassisches Heldenmärchen vor. Sein blut- und tränenreiches Melodram ist vor allem von einer unendlichen, kaum genre-kompatiblen Schwermut durchzogen. Oyang Feng lebt einsam und zurückgezogen irgendwo in der westlichen Wüste. Seine alte Heimat White Camel Mountain hat er verlassen, als seine große Liebe Fengs Bruder heiratete. Nun lebt er das verbitterte Leben eines Agenten: Zu ihm kommen vom Hass getriebene Bittsteller, die den Grund ihres Grams vernichtet sehen wollen. Feng weiß hierfür immer den richtigen Schwertkämpfer und vermittelt ihn gegen Geld als Auftragsmörder. Für Wong Kar-wai fungiert diese Figur als Katalysator, über die tragische Einzelschicksale zusammengeführt werden und das große Tableau der Melancholie entworfen wird. Da ist Huang Yaoshi, der regelmäßig von den White Camel Mountains in die westliche Wüste reist, bis er eines Tages vom Wein des Vergessens trinkt und jegliche Erinnerung an seinen Freund verliert. Oder der kurz vor der Erblindung stehende Schwertkämpfer, der einst Huang Yaoshis bester Freund war, bis er auf dessen Hochzeit mit der Braut anbandelte. Nun ist er einer von Fengs besten Killern, bis er in die ungleiche Schlacht mit einer Horde von Pferdedieben zieht. Da sind Mu-rong Yin und Mu-rong Yang, zwei Seiten einer verzweifelten Prinzessin. Mu-rong Yang beauftragt Feng, Huang Yaoshi, den platonischen Liebhaber von Mu-rong Yin, zu töten. Mu-rong Yin will, dass Feng, „ihren Bruder“ Mu-rong Yang tötet, weil der ihr keine Luft zur Entfaltung lässt. Schließlich gibt es noch das Mädchen, das Feng bittet, seinen Bruder zu rächen, der von einer Bande Samurais getötet wurde. Da sie aber außer einigen Eiern und einem Maultier kein Geld hat, um Feng zu bezahlen, weist der sie ab. Das Mädchen wartet daraufhin so lange vor seiner Hütte, bis sich der Meisterkämpfer Hung Chi seiner erbarmt und für ein einziges Ei den Auftrag annimmt.


Wong Kar-wai dekonstruiert die einzelnen Segmente der von Louis Chas Roman „The Eagle – Shooting Heroes“ inspirierten Geschichte und verwandelt die Episoden in eine Tragödie, die sich durch alle fünf Jahreszeiten des chinesischen Almanachs zieht. Neben der erdenschweren Grundtönung des Films, die noch am ehesten an die Filme von King Hu erinnert, sind es vor allem die formalen Elemente, die „Ashes of Time“ zu einem meisterlichen, gleichwohl schwer zugänglichen Kunstwerk erheben. Die Auflösung der Zeit als dramaturgisches Mittel, mit jenen kaum sichtbar eingearbeiteten Rückblenden, die die starre Kapitelstruktur des Films aufbrechen, ist ebenso verwirrend wie atemberaubend. Dabei verstärken die mit Farbe übersättigten, an vergilbte Schwarz-Weiß-Fotografien erinnernden Bilder von Kameramann Christopher Doyle den Eindruck überhöhter Künstlichkeit. Die Grobkörnigkeit der Bilder, die aus den extremen Drehbedingungen in der chinesischen Wüstenregion nahe der Mongolei resultierten, ist (wenn auch nicht unbedingt gewollt) zum hervorstechendsten Stilelement des Films geworden. Im Zuge der Restaurierung wurde dieser „Artefakt“ ein wenig reduziert, erzeugt aber noch immer einen spröden Überzug über die eidotterfarbene Landschaft aus flirrender Sonne und staubiger Wüste. „Ashes of Time: Redux“ enthält jetzt auch einige Computereffekte und wurde minimal umgeschnitten. Die wichtigste Änderung der neuen Version bezieht sich indes auf die runderneuerte Tonspur mit einem zusätzlichen Score von Wu-Tong und Cello-Soli von Yo-Yo Ma, die der Szenerie eine noch größere Empathie verleihen. Der Film bleibt gerade auch in seiner Überarbeitung ein Meilenstein des Hongkong-Kinos und fasziniert nachhaltig als zeitloses Meisterwerk.

gruss

helmut
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Der Mensch lässt sich grob in zwei Gruppen einteilen: in Katzenliebhaber und in vom Leben benachteiligte.

Francesco Terarca
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