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helmi
Anmeldungsdatum: 10.03.2005 Beiträge: 2820 Wohnort: Hall of the incredible macro Knight
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Verfasst am: 23 Dez 2007 10:48 Titel: eastern promises |
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gerade noch rechtzeitig startet der neue film von cronenberg, "eastern promises" in deutschen und schweizer kinos. ich werde mir den als letzten film des kinojahres 2007 am 30.12 gönnen. hier für erste zwei kritiken zu diesem film:
filmdienst:
Tödliche Versprechen – Eastern Promises
Ein „Barbershop“, ein kleiner Friseurladen. Man sieht gleich: Dies ist ein Einwandererviertel, und ebenso schnell macht der Film auch klar: Man ist in London. Auch wenn der nervöse junge Mann, der gerade den Laden betreten hat, die Rollläden herunterlässt, versteht man diese Geste sofort. Zu viele Filme hat man schon gesehen, um den Mord nicht zu ahnen, der hier gleich geschehen wird. Ein erstes Bild voller Meisterschaft in seinen kleinsten Verweisen. David Cronenberg hat keinen Aufwand mehr nötig, keine spektakulären Schocks, auch die Gewalt geschieht hier gewissermaßen beiläufig, zumindest am Anfang, aber nur routiniert ist das alles trotzdem nie. Im Gegenteil: Gerade diese Beiläufigkeit ist besonders schockierend. Ein harter Schnitt durchtrennt dann auch den Film, führt auf eine junge Frau, die eine Apotheke betritt. Plötzlich rinnt eine Blutspur den Boden entlang, und man weiß, dass es auch für sie nicht gut ausgehen wird. Dann eine dritte Szene, noch immer in den ersten Minuten des Films, die in ein Krankenhaus führt. Ein Kind wird geboren, aber die Mutter ist tot, und die Ärztin, die das sichtlich betroffen und doch professionell abgebrüht zur Kenntnis nimmt, wird von Naomi Watts gespielt – der erste Hoffnungsschimmer an diesem bitterkalten Londoner Winterabend, und im Weiteren die Heldin des Films.
Was für ein Anfang. Die Bilder und Personen dieser drei Szenen haben zunächst nichts miteinander zu tun, doch sie bilden die ersten Mosaiksteine, aus denen sich Stück für Stück der ganze Film aufbaut. „Eastern Promises“, den Originaltitel von Cronenbergs neuem Film, der etwas schlicht in „Tödliche Versprechen“ umgetauft wurde, muss man doppelt verstehen: Lautmalerisch enthält er eine christliche Anspielung, die – wie schon die Zeit, in der alles spielt: die Tage um Weihnachten – auf das Prinzip Hoffnung verweist, auf das Versprechen auf Reinigung von den Sünden, auf Neugeburt. Vor allem geht es aber um den Osten, den neuen, der dem ganz alten so verdächtig ähnlich sieht, und der aus westlicher Perspektive ein fremder, faszinierend-bedrohlicher Raum ist. Genauer gesagt, geht es um die Russen-Mafia; ein Thema, das gerade die Leinwand erobert, sowohl in russischen Produktionen als auch in Filmen des Westens, etwa in James Grays spekulativem „We Own the Night“. Mit viel Lust am Klischee beschreibt der Kanadier Cronenberg dieses Bild der Russen im Westen, porträtiert die aktuelle Russen-Szene, ihre protzigen, für westliche Augen „unseriösen“ Äußerlichkeiten, in London zumal, wo Putins Oligarchen sich in ihren schwarzen Ledermänteln und im Mercedes 500 schon eine wohlige Parallelgesellschaft errichtet haben, irgendwo im Niemandsland zwischen Litwinenko-Mord und dem Kauf des FC Chelsea.
Bei Cronenberg dominiert ein Nebeneinander von Gemütlichkeit und Brutalität. Schlechte Musik und brutale Initiation, Borschtsch und Blut, alte Männer, die sich von Kindern zu Tränen rühren lassen, um danach einen Mordbefehl zu erteilen, und immer auch die Cronenberg-Welt der zivilisatorischen Zeichen, die sich in die Körper einschreiben. Armin Mueller-Stahl, der immer auch das Deutsche transportiert und aus früheren Zeiten auch noch fließend russisch kann, gibt den Patriarchen, Vincent Cassel seinen Sohn von dämonischer Infantilität, Viggo Mortensen in all seinem Stoizismus den Mann fürs Grobe, und Naomi Watts ist eine Alice, die in diesem finster schillernden Wunderland neben des Rätsels Lösung auch sich selbst findet. Dass Cronenberg bei alldem über ein präzises Milieuporträt und einen alternativen Mafia-Film hinausgeht, versteht sich von selbst. Die Mafia, das ist auch die erfolgreichste Form moderner Ökonomie, und tödlich sind auch die Versprechen vom Glück im grenzenlosen Konsum. In den letzten Jahren, mit „Spider“ (fd 36 512) und „A History of Violence“ (fd 37 284), hat sich Cronenberg immer mehr den Klassikern des Film Noir und ihrer melancholischen Härte sowie ihrem moralisch grundierten Fatalismus angenähert. Eine der bitteren moralischen Lehren, die dieser Film enthält, ist, wie die prekären Strukturen der Gesellschaft auch die Familien infizieren. Auch Kinder können ihren Eltern nicht trauen in dieser transsibirischen Connection, und es sind vor allem die Väter, die ältere Generation, auf die sich in dieser Geschichte niemand verlassen kann. So gesehen, ist der Film voller Trauer über die condition humaine. Ein lakonischer Merksatz lautet: „Die größten Gefahren entstehen aus den dümmsten Dingen.“ „Tödliche Versprechen“ verbindet Intelligenz und visuelle Tabubrüche. Wie von Cronenberg gewohnt auf hohem dramaturgischen Niveau, stilvoll, dabei tauglich für größere Publikumsschichten. Die Dialoge sind von einem angenehmen Zynismus, der in seiner Klarsicht Anteilnahme und menschliche Wärme nicht ausschließt; die Gewalt ist für Cronenbergs Verhältnisse eher zurückhaltend. Man darf sich auf manche Überraschung freuen, und die Bilder bleiben auf lange Zeit präsent.
kino aktuell:
Eastern Promises (USA)
Regie: David Cronenberg
mit Naomi Watts, Viggo Mortensen, Vincent Cassel, Armin Müller-Stahl
Nachdem eine junge, unbekannte Frau bei der Geburt ihres Babys stirbt, macht sich die Hebamme Anna (Naomi Watts) auf die Suche nach den Angehörigen des verwaisten Kindes. Ihr einziger Anhaltspunkt ist ein auf russisch verfasstes Tagebuch der Verstorbenen. Darin findet sie die Visitenkarte eines gewissen «Transsibirischen Restaurants». Doch der hilfsbereite und charmante Besitzer Semyon (Armin Müller-Stahl) entpuppt sich bald als zwielichtiger Patriarch.
Es entspinnt sich eine brillant aufgebaute Handlung um die russische Mafia von London, die auf akribischen Milieustudien basiert. Viggo Mortensen überzeugt in der Rolle des Nicolai mit einer perfekten Mischung aus Lethargie und Intensität. «Eastern Promises» ist kein Mainstream-Film, sondern eine hochatmosphärische Crime-Ballade. Ein ausgereifter Thriller für Freunde des düsteren Kinos.
gruss
helmut |
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Gast
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Verfasst am: 23 Dez 2007 15:50 Titel: |
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ich schau ihn vermutlich heute abend. freu mich schon. |
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helmi
Anmeldungsdatum: 10.03.2005 Beiträge: 2820 Wohnort: Hall of the incredible macro Knight
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Verfasst am: 24 Dez 2007 12:49 Titel: |
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tom hat folgendes geschrieben: | ich schau ihn vermutlich heute abend. freu mich schon. |
ich muss leider noch ein paar tage warten. aber dafür geht es am 30. dezember zur sache!
gruss
helmut |
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4LOM Administrator
Anmeldungsdatum: 28.02.2005 Beiträge: 3350 Wohnort: North by Northwest
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Verfasst am: 24 Dez 2007 19:40 Titel: |
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Auf den bin ich auch schon ganz gespannt. Leider werde ich erst 2008 dazu kommen, ihn mir im Kino anzugucken. Vorher habe ich einfach keine Zeit mehr. Ich hätte gerne das Kinojahr damit beendet, aber so kann ich mich wenigstens schon auf zwei Filme im nächsten Jahr freuen. Der andere ist der neue Wes Anderson-Film. |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 24 Dez 2007 21:23 Titel: |
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4LOM hat folgendes geschrieben: | Der andere ist der neue Wes Anderson-Film. |
Ich kenn noch zwei, die sich darauf freuen!
Gruss
Ingo |
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Snake Plissken
Anmeldungsdatum: 20.07.2008 Beiträge: 184
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Verfasst am: 25 Jul 2008 13:00 Titel: |
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Ich war enttäuscht! Die Handlung des Films ist - insbesondere für Genre-Verhältnisse - einfach gestrickt, das Ende äußerst schwach.
Gut waren die schauspielerischen Leistungen, wobei ich Vincent Cassel für fehlbesetzt halte (dem nahm ich den Russen einfach nicht ab). 4/10 |
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