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Gast
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Verfasst am: 02 Feb 2007 19:27 Titel: Inland Empire |
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also hab ihn ja inzwischen sehen dürfen und will nur soviel sagen:
er ist komplett anders als lynchs bisherige filme....ich weiß nichtmal ob ich ihn als "film" bezeichnen würde, kam mir über weite strecken eher wie videoexperimentalkunst vor denn ein wirkliches handlungskonstrukt wie in mulholland drive oder lost highway existiert nicht. er ist weniger in sich geschlossen, hat einige stilbrüche und probiert technisch sehr viel aus. von handlung, charakteren und drehbuch kann man eigentlich nicht sprechen. die dialoge stehen eigentlich kaum in beziehung zueinander und "figuren" im klassischen sinne gibt es nicht. dennoch ist es eine absolut beeindruckende visuelle "tour de force" und laura dern bietet die leistung ihres lebens.
inland empire ist mit weitem abstand das abstrakteste und düsterste was lynch je gemacht hat. ich habe inzwischen eigentlich alle filme, kurzfilme, tv serien, werbespots und theaterstücke von ihm gesehen aber Inland Empire ist schon weitaus düsterer. hat teilweise etwas von einem alptraum wobei man da auch eine falsche vorstellung von dem film bekommt wenn ich das so sage. wenn er mich überhaupt an ein anderes werk von lynch erinnert, dann am ehesten an the darkened room. es kommt mir so vor als seien alle kurzprojekte die er so in letzter zeit gemacht hat in der tat eine "übung" für inland empire gewesen denn optisch findet sich da einiges wieder. wer also die dynamic 1 dvd hat bekommt in etwa einen eindruck.
ich finde übrigens man sollte alle folgen von "rabbits" vorher gesehen haben denn die nehmen einen nicht unwichtigen teil des filmes ein und es wird auch bezug auf manche der dialoge aus rabbits genommen ohne dass dies nochmal explizit erwähnt wird. anhand der reaktionen der anwesenden leute die rabbits NICHT kannten wurde klar, dass dieser aspekt komplett an ihnen vorüberging.
ich denke inzwischen auch dass man rabbits eigentlich nur als teil von inland empire sehen kann und dass sie eigenständig vielleicht auch gar nicht konzipiert sind weshalb man auch noch einmal die weitverbreitete "sarte theorie" über rabbits überdenken sollte. zumindest erfährt man jetzt was das für ein zimmer ist in dem sie sich aufhalten und man erfährt auch wer die tür aufmacht. ich werde natürlich nicht spoilern aber wer die möglichkeit hat, auf jeden fall rabbits vorher schauen.
insgesamt kam der film nicht gut an wobei ich finde dass er so eine ablehnung nicht verdient hat. ich denke selbst als lynch kenner gehen die meisten mit falschen erwartungen rein.
inland empire ist eben kein film wie mulholland drive oder lost highway und wer eraserhead für zu abstrakt hält, der wird sich hier mal richtig wundern. ich denke man muss sich einfach drauf einlassen, dann bekommt man ein paar echt großartige momente geboten wenn das werk einen insgesamt doch absolut ratlos zurück lässt. bei anderen lynch werken fing ich während des films schon mit dem suchen nach clues und interpretationen an um vielleicht doch ein konzept zu finden. inland empire erlaubt sowas eher nicht. man denkt am anfang noch es gäbe einen roten faden aber nach etwa 20 minuten ergibt nichts mehr einen sinn und dialoge werden bedeutungslos. wie gesagt, mich störte es nicht weiter und ich werde mir den film sicher noch ein paarmal ansehen.
edit: ich weiß nicht ob ich vielleicht ein unfertige version gesehen habe oder ob das so gewollt ist aber weite teile des films sind in polnisch und NICHT untertitelt. ich hatte aber durchaus den eindruck, das sei so gewollt. seltsam nur dass sich diese szenen nicht etwa durch handlungen erschließen so dass man als zuschauer teilweise 10 minuten lang nur polnisch hört ohne ein wort zu verstehen (also die polen mal ausgenommen ) bevor wieder englisch gesprochen wird.
wie immer möchte ich die OV absolut empfehlen. ich kann mir bei diesem film keine synchronisation vorstellen denn es wird sehr sehr viel mit akzenten gearbeitet. |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 02 Feb 2007 21:34 Titel: |
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Der Trailer sieht ja schon mal mächtig merkwürdig aus.
Na, ich werde mal zwei Augen voll riskieren, wenn wir ihn dann hier zu sehen kriegen.
So richtig schlecht habe ich bisher eigentlich nur einen Film von Lynch gefunden.
Gruss
Ingo |
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Sebastian
Anmeldungsdatum: 03.03.2005 Beiträge: 540 Wohnort: Köln
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Verfasst am: 02 Feb 2007 22:37 Titel: |
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Würde den ja gerne sehen, aber drei Stunden im Kino halt ich glaub ich nicht mehr aus |
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Gast
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Verfasst am: 03 Feb 2007 00:12 Titel: |
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Ingo hat folgendes geschrieben: | Der Trailer sieht ja schon mal mächtig merkwürdig aus.
Na, ich werde mal zwei Augen voll riskieren, wenn wir ihn dann hier zu sehen kriegen.
So richtig schlecht habe ich bisher eigentlich nur einen Film von Lynch gefunden.
Gruss
Ingo |
ich kann nur hoffen du meinst "dune" |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 03 Feb 2007 20:07 Titel: |
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tom hat folgendes geschrieben: | Ingo hat folgendes geschrieben: | Der Trailer sieht ja schon mal mächtig
So richtig schlecht habe ich bisher eigentlich nur einen Film von Lynch gefunden.
Gruss
Ingo |
ich kann nur hoffen du meinst "dune" |
Nein, meinte ich nicht, da ich vergessen hatte, dass der von Lynch ist.
Nun, in diesem Fall kenne ich zwei schlechte Filme von Lynch.
Gruss
Ingo |
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4LOM Administrator
Anmeldungsdatum: 28.02.2005 Beiträge: 3350 Wohnort: North by Northwest
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Verfasst am: 04 Feb 2007 19:04 Titel: |
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Ingo hat folgendes geschrieben: | Nein, meinte ich nicht, da ich vergessen hatte, dass der von Lynch ist.
Nun, in diesem Fall kenne ich zwei schlechte Filme von Lynch.
Gruss
Ingo |
Dann spann uns doch nicht so auf die Folter! Welcher Film ist es neben "Dune"? _________________ Race hate isn't human nature; race hate is the abandonment of human nature.
--- Orson Welles |
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Mortimer
Anmeldungsdatum: 13.03.2005 Beiträge: 3204 Wohnort: Rheinland
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Verfasst am: 05 Feb 2007 20:51 Titel: |
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Ich glaube er meint Wild at Heart! |
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Gast
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Verfasst am: 05 Feb 2007 23:10 Titel: |
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was isn an dem bitte schlecht??? |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 06 Feb 2007 17:29 Titel: |
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Mortimer hat folgendes geschrieben: | Ich glaube er meint Wild at Heart! |
Du glaubst richtig, Mortimer.
Hatten wir mal darüber diskutiert oder hast Du allgemein ein gutes Gedächtnis?
Gruss
Ingo |
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Mortimer
Anmeldungsdatum: 13.03.2005 Beiträge: 3204 Wohnort: Rheinland
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Verfasst am: 06 Feb 2007 19:16 Titel: |
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Ich meine mich an den Satz von dir zu erinnern: "Der (Wild at Heart) hat mich noch mehr genervt als Dune" |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 22 Jun 2007 14:22 Titel: |
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So, heute geht's in "Inland Empire".
Judihui, der Wald ist grün!
Gruss
Ingo |
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Gast
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Verfasst am: 22 Jun 2007 16:19 Titel: |
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inzwischen dreimal gesehen und doch ne ganze menge drin gefunden. ich glaube beim ersten mal erschlägt einen der film einfach, den MUSS man öfter sehen
edit:
...nun sag uns doch endlich wie dir der film gefallen hat ingo! |
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cinéphile Gast
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Verfasst am: 24 Jun 2007 19:13 Titel: |
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Der Film hätte bei uns um 19.30 Uhr anfangen sollen...
Als um 19.15 Uhr weder die Projektionsfrau noch der Barman da war, bin ich enttäuscht nach Hause gefahren. Keine Ahnung, ob die Vorführung stattgefunden hat.
"Inland Empire" werde ich demzufolge wohl irgendwann mal auf DVD sehen...
Gruss
Ingo |
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Neophyte Gast
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Verfasst am: 29 Jun 2007 16:37 Titel: |
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Ingo hat folgendes geschrieben: | Der Film hätte bei uns um 19.30 Uhr anfangen sollen...
Als um 19.15 Uhr weder die Projektionsfrau noch der Barman da war, bin ich enttäuscht nach Hause gefahren. Keine Ahnung, ob die Vorführung stattgefunden hat.
"Inland Empire" werde ich demzufolge wohl irgendwann mal auf DVD sehen...
Gruss
Ingo |
Whhooo, da haste aber was verpasst. "IE" ist ein Meisterwerk. Lynchs Film ist eher experimenteller Natur, und schafft es dennoch das - zumindest für mich - surrealistischste Filmerlebnis seit "Lost Highway" zu sein; eine filmische Halluzination die man niemals für das Werk eines anderen halten könnte/würde
Unbedingt ansehen |
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Logan~5
Anmeldungsdatum: 13.03.2005 Beiträge: 46 Wohnort: Worms / Rheinland Pfalz
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Verfasst am: 31 Jul 2007 22:15 Titel: |
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Neophyte hat folgendes geschrieben: |
Whhooo, da haste aber was verpasst. "IE" ist ein Meisterwerk. Lynchs Film ist eher experimenteller Natur, und schafft es dennoch das - zumindest für mich - surrealistischste Filmerlebnis seit "Lost Highway" zu sein; eine filmische Halluzination die man niemals für das Werk eines anderen halten könnte/würde
Unbedingt ansehen |
Ich ärgere mich so, daß ich den im Kino verpasst habe, zähle schon die Tage bis der endlich mal auf DVD kommt...
Für mich jetzt schon das Highlight des Jahres, zumindest setze ich sehr grosse Erwartungen in einer meiner absoluten Top Regisseure, bisher wurde ich eigentlich noch nie von ihm enttäuscht, hoffen wir dass bleibt auch so _________________ Profiler
Meine Lieblinge |
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Dr. Strangelove
Anmeldungsdatum: 02.08.2005 Beiträge: 1806
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Verfasst am: 01 Aug 2007 11:18 Titel: |
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Logan~5 hat folgendes geschrieben: |
Ich ärgere mich so, daß ich den im Kino verpasst habe, zähle schon die Tage bis der endlich mal auf DVD kommt...
Für mich jetzt schon das Highlight des Jahres, zumindest setze ich sehr grosse Erwartungen in einer meiner absoluten Top Regisseure, bisher wurde ich eigentlich noch nie von ihm enttäuscht, hoffen wir dass bleibt auch so |
Ja, das ist wirklich sehr schade, aber ich finde, du kannst das auch zu Hause erleben. Man sollte natürlich auch einen schicken Bass erzeugen können, der wie im Kino in Mark und Bein geht.
Bei den DVDs scheint Vorsicht geboten! Die UK-DVD verfügt über weniger Bonusmaterial, während die US-DVD 90 Minuten Deleted Scenes aufweist.
US: http://www.dvdempire.com/Exec/v4_item.asp?userid=&item_id=1329424
UK: http://www.dvdmaniacs.net/Reviews/I-L/inland_empire.htm#extras
Mit Inland Empire ist David Lynch in seinem filmischen Schaffen dort angekommen, wo auch schon mal Godard gewesen ist: die Abschaffung einer durchgehenden Erzählstruktur hin zum Experimentellen, nur bei Lynch eben mit einer gehörigen Portion amerikanischen Surrealismus. _________________ "Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub |
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Sebastian
Anmeldungsdatum: 03.03.2005 Beiträge: 540 Wohnort: Köln
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Verfasst am: 01 Aug 2007 11:55 Titel: |
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Dr. Strangelove hat folgendes geschrieben: | Mit Inland Empire ist David Lynch in seinem filmischen Schaffen dort angekommen, wo auch schon mal Godard gewesen ist: die Abschaffung einer durchgehenden Erzählstruktur hin zum Experimentellen, nur bei Lynch eben mit einer gehörigen Portion amerikanischen Surrealismus. |
Nur dauerte das bei Godard keine drei Stunden und wirke immer kontrolliert, während Lynch hier sich total verliert, daß es manchmal ziemlich beliebig erscheint, mit welcher Szene er weitermacht. Es wiederholt sich sich doch zuviel, und es gibt nichts, was uns Lynch schon mit seinen Vorherigen Filmen gesagt, gezeigt hat. Der Film somit kommt leider über eine Experiment nicht hinaus. Man mag ihm vielleicht noch zugutehalten, das all das die Figur von Laura Dern noch scharfzeichnet, aber auf drei Stunden ist das wirklich unerträglich. |
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Dr. Strangelove
Anmeldungsdatum: 02.08.2005 Beiträge: 1806
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Verfasst am: 01 Aug 2007 13:21 Titel: |
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Sebastian hat folgendes geschrieben: | Nur dauerte das bei Godard keine drei Stunden und wirke immer kontrolliert, während Lynch hier sich total verliert, daß es manchmal ziemlich beliebig erscheint, mit welcher Szene er weitermacht. Es wiederholt sich sich doch zuviel, und es gibt nichts, was uns Lynch schon mit seinen Vorherigen Filmen gesagt, gezeigt hat. Der Film somit kommt leider über eine Experiment nicht hinaus. Man mag ihm vielleicht noch zugutehalten, das all das die Figur von Laura Dern noch scharfzeichnet, aber auf drei Stunden ist das wirklich unerträglich. |
Stimmt, Lynch zeigt uns in der Tat nicht viel neues in seiner Themenwahl und die Lauflänge ist auch sehr anstrengend. Allerdings sehe ich den Film doch von einer etwas anderen Richtung. Meiner Meinung nach hat Lynch die ganzen Jahre unbewußt auf diesen Film hingearbeitet, seine bisherigen Werke wirken wie Fingerübungen verglichen mit diesem Opus magnum. Man könnte sogar soweit gehen und sagen, daß man hier Lynch pur erhält, von lästigen Erzählsträngen ungefiltert. Der Maler Lynch nähert sich dem Kino ja immer von der künstlerischen Seite her: er hat eine Eingebung ("Ideas come"), dann malt er ein Bild (wie zum Beispiel das in der Lynch-Ausstellung gezeigte "Bob fucks Sally until she is blue in the Face"), filmt es mit seiner Kamera bestmöglich und dann wird es noch mit einer halbwegs ordentlichen Rahmenhandlung versehen.
Ich glaube aber in Wahrheit kommt es dem Gesamtkünstler Lynch eher auf die Momente, die unterschwelligen Stimmungen, Farben, Soundeffekte an, als eine stringente Story zu erzählen. Ich sehe deshalb Lynch eher wie einen hervorragenden modernen Künstler, der sich eben auch des Kinos bedient, statt einen Regisseur, der Kunst machen will. In Inland Empire hat er herrlich resümiert, was ihn die letzten Jahrzehnte bewegt hat. Dabei ist ein Film herausgekommen, der mir in keiner Sekunde zu lang wurde, aber dafür mit einer Intensität und bedrückenden Atmosphäre aufwartete, die ich so noch nie im Kino gesehen habe. Es mag seltsam erscheinen, aber Lynch ist es gelungen, daß ich mich als Zuschauer genauso furchtbar gefühlt habe, wie die Hauptperson im Film. Ich war wie von einem Bild-Ton-Strom gefesselt. Tom hatte damals hier die kurze und treffende Bezeichnung gefunden: Mindfuck! Genau so war es.
Die Frage ist jetzt, was soll jetzt noch nachkommen? Was kommt nach Inland Empire, wo doch jetzt eigentlich alles gesagt scheint. Da hat sich Lynch in eine schwierige Situation hereinmanövriert. Ihm geht es da ein wenig wie Goethe mit seinem Faust II. _________________ "Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub |
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Sebastian
Anmeldungsdatum: 03.03.2005 Beiträge: 540 Wohnort: Köln
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Verfasst am: 01 Aug 2007 19:50 Titel: |
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Ich denke wir verstehen den Film schon recht ähnlich. Ich kann dir in den grundlegenden Dingen nur zustimmen und einige Gedanken von dir sind ja so ziemlich die gleichen, die ich hier nach meinen Kinobesuch hingekrizzelt habe.
Nur die Berwertung erfolgt halt vom anderen Standpunkt. Hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich halt nicht von einem Sog mitgerissen wurde. Dieser erschien mir von Lynch viel zu beabsichtigt, was mich mißtrauisch auf Distanz gehalten, und mit der Zeit dann auch angeödet hat. Allerdings glaube ich, daß Lynch diese Konstuktion mit einer bewussten Überteibung und Dehnung seiner Typischen Mittel und Symbole (sein Humor eingeschlossen) beabsichtigt hat, und zwar als Kompension, als wolle er sagen: Ja, ich weiß selbst, ich mach nicht neues, aber ich kann und will nichts anderes, also bekommt ihr es nochmal richtig. |
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Dr. Strangelove
Anmeldungsdatum: 02.08.2005 Beiträge: 1806
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Verfasst am: 01 Aug 2007 20:13 Titel: |
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Sebastian hat folgendes geschrieben: | Hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich halt nicht von einem Sog mitgerissen wurde. Dieser erschien mir von Lynch viel zu beabsichtigt, was mich mißtrauisch auf Distanz gehalten, und mit der Zeit dann auch angödet hat. |
Ich habe normalerweise eine recht kritische Distanz zu Filmen, d.h. mich reißt eigentlich so schnell nichts vom Hocker. Selbst den schlimmste Pasolini ertrage ich einigermaßen unbeschadet.
Dasselbe dachte ich im Januar auch, als ich Inland Empire gesehen habe. Bis zu der Stelle, wo Laura Dern merkt, daß sie eigentlich damals an die Wand geklopft hat, war das auch alles noch möglich. Danach aber habe ich krampfhaft versucht, mich den Bildern und Tönen zu wehren, mich ihnen zu entziehen. Doch unmöglich, ich selbst war in dem Albtraum gefangen. Lynch selbst erreicht dies mit seiner genialen Schnitttechnik, der herausragenden Soundkulisse und der fast schon dokumentarischen Videoatmosphäre. Mit herkömmlichen 35mm-Film wäre das nie möglich gewesen, alles wäre viel zu sauber, zu determiniert. Hier waren dagegen Unschärfen, für mich wirkte es äußerst real, wozu sicher auch die guten Schauspieler beigetragen haben. Bis zum Schluß hin war es dann wie eine Achterbahnfahrt, Albtraum und Genuß pur. Während der Präsentation sind mindenstens 10 Personen aus dem Saal gestürmt, als es richtig suggestiv wurde. Manche sind sogar vor Angst auf der Treppe hingefallen. Es war aber auch in Paris, vielleicht sind die Franzosen ja weicher gestrickt als in wir Deutschen
Ich vermute mal, daß bei dem Film eine riesengroße Leinwand und eine geniale Soundkulisse unbedingt nötig sind, damit der Film seine Wirkung voll entfalten kann. Er erzeugt dann irgendwie das Gefühl von Unentrinnbarkeit.
Du sagtst, daß vieles für Dich bekannt war. Nun ja, ich kenne auch alles von Lynch (Dumbland mal ausgenommen) aber trotzdem wirken seine Einfälle immer wieder aufs Neue. Beispiel: du erinnerst dich doch sicher an die Szene in Mulholland Drive, wo die zwei Männer im Restaurant sitzen und der eine sagt, daß es eine Bedrohung dahinter gibt, der andere verneint dies aber. Dann dauert es endlos lange, bis die zwei langsam hinter das Haus gehen, es werden dabei ähnlich verzerrte Klänge verwendet wie in Inland Empire. Dann plötzlich schwenkt, die Kamera ganz schnell auf die Fratze, und es überkommt einen tatsächlich furchtbare Angst. Meiner Meinung ist das der selbe Trick, den schon Hitch in Psycho angewandt hat, erst langsam vorbereiten, und dann plötzlich GROSSAUFNAHME! Lynch hat es zusätzlich noch drauf den passenden Sound zu liefern.
Obwohl ich also diese Szene schon mindestens 8 Mal gesehen habe und bis ins kleinste Detail weiß, was passieren wird, hat sie immer noch dieselbe suggestive, unheimliche Wirkung auf mich. Und Inland Empire besteht fast nur aus solchen Szenen die unterbewußt wirken.
Vielleicht bin ich nicht rational genug, aber ein Regisseur, der es schafft, schon zu Beginn durch das besondere, bassige Kratzen eines Plattenspielers alptraumhafte Assoziationen hervorzurufen, ist ein für mich großer Meister. Ich wüßte niemand, der die verschiedenen Kunstformen so gut zusammenwirken lassen könnte wie Lynch. _________________ "Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub |
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Sebastian
Anmeldungsdatum: 03.03.2005 Beiträge: 540 Wohnort: Köln
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Verfasst am: 01 Aug 2007 21:29 Titel: |
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Und wieder kann ich dir nirgends wiedersprechen.
Natürlich Lynch ist ein Meister darin, einen audiovisuellen Strudel zu erzeugen, musikalisch übrigens neben bedrohlich knarzende Bässen auch durch hervorragend kommentierenden unschuldigen Prä-Beatles Pop (Kenneth Anger lässt grüßen). Unzählige Male hat Lynch mich dieser Art auch rumbekommen, in Mulholland Dr. bin ich im Kino versunken. Und auch bei Inland Empire war der Sound eines der wenigen Dinge, die mich bei Laune gehalten haben (war froh, mich mal zu Locomotion entspannen zu dürfen ), aber ich habe es auch erstmals als Masche empfunden, der Bogen war überspannt. Der Film ist für mich Mulholland Dr. durch den Wolf gedreht, vielleicht ein Best-Of. Lustig, daß du den leiernden Plattenspieler erwähnst, der mich Anfangs noch großes erwarten ließ. Nachdem er den Film ja fast eingerahmt hat, denke Lynch damit voerwegnehmen will: "Immer die selbe Leier" bzw "Vorsicht, abgenudelte Platte", was ja meine Vermutung in meinem letzten Post untermauern würde.
Mulholland Dr. war zum Kinostart mein Schlüsselerlebnis in Sachen Lynch, obwohl ich ein paar Sachen bereits kannte. Vielleicht, weil es mein erster Lynch im Kino war, die große Leinwand da sicher schon was zu bei. Und die Szene mit dem Obdachlosen habe ich genau so erlebt wie du, ebenfalls bei unzähligen erneuten Sichtungen. Den Film hab ich damals echt zerhackstückelt zum Analysieren wie keinen zweiten mehr. Naja, jedenfalls hat es auch bei mir dieses Gefühl gegeben, vollkommen aufgesogen zu werden, wie es halt nur ganz selten passiert (als erstes fällt mir da der ganz wunderbare, ebenfalls surreale und mit schaurigen Bässen unterlegte "Time of the Gypsies" ein) und was man wohl als Kinomagie bezeichnet. Meine damalige Freundin und Begleitung, die nicht ganz so angetan war, hätte ich übrigen erschlagen können, als sie mich bei der lesbischen Liebeszene wohl aus Langeweile durch langsames Schieben iher Hand vor meine Augen grinsed kurzfristig aus dem Film herausholte. |
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Dr. Strangelove
Anmeldungsdatum: 02.08.2005 Beiträge: 1806
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Verfasst am: 01 Aug 2007 23:02 Titel: |
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Sebastian hat folgendes geschrieben: | [...] der Bogen war überspannt. |
Ich gebe Dir ja durchaus recht. Der Film ist schon etwas lang und nach etwa der Hälfte passiert bis zum visuellen Overkill am Schluß nicht mehr viel, und man fühlt schon physisch die verstreichenden Minuten. Allerdings wurde mir nie langweilig dabei, wenn es auch eine (bereichernde) Qual war.
Vielleicht mal abschließend den Vergleich mit Nudeln, weil ich gestern erst wieder selber welche gemacht habe. Mulholland Drive ist 405er Mehl, Inland Empire dagegen Vollkorn! Nicht ganz so leicht zu genießen, dafür aber gehaltvoller _________________ "Un artiste est toujours jeune" Jean-Marie Straub |
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Sebastian
Anmeldungsdatum: 03.03.2005 Beiträge: 540 Wohnort: Köln
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Verfasst am: 01 Aug 2007 23:39 Titel: |
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Mein Lynchmenu sieht eher so aus:
Eraserhead ist der Appetitanreger, "Blue Velvet" nahrhafte Grundlage, und "Fire Walk With Me" der süchtig machende Nachtisch, von dem man bis "MD" gern nachgeschlagen hat, bis einem die die finale Portion "IE" urplötzlich den Magen verdorben hat. |
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Der Mann mit dem Plan Gast
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Verfasst am: 02 Aug 2007 09:47 Titel: |
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Mich überraschen immer die Vergleiche mit MULHOLLAND DR. oder LOST HIGHWAY bei INLAND EMPIRE. Meines Erachtens ist THE STRAIGHT STORY der Film der ihm am nächsten ist. Emotional, als auch strukturell. |
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Neophyte Gast
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Verfasst am: 02 Aug 2007 18:41 Titel: |
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Sebastian hat folgendes geschrieben: | Mein Lynchmenu sieht eher so aus:
Eraserhead ist der Appetitanreger, "Blue Velvet" nahrhafte Grundlage, und "Fire Walk With Me" der süchtig machende Nachtisch, von dem man bis "MD" gern nachgeschlagen hat, bis einem die die finale Portion "IE" urplötzlich den Magen verdorben hat. |
"Fire walk with me" kenne ich noch gar nicht, genauso wenig wie seine Kurzfilme "The Grandmother" & co.
@ Sebastian: Kann man die sich irgendwo anschauen? |
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